Sicherheit in Frauenhäusern

Themenwoche: Orange the World - «16 Tage gegen Gewalt an Frauen»

In den letzten Wochen haben sich Berichte über Frauenfeindlichkeit und Gewalt gegen Frauen gehäuft – ob in den Medien oder auf Plattformen wie LinkedIn. Besonders verstörend war die Aufmerksamkeit, die sogenannte Incels mit Parolen wie „Your body, my choice“ auf sich zogen. Oder die gezielten Online-Angriffe auf Annalena Baerbock. Doch am meisten erschütterten mich die harten Fakten aus Deutschland. Diese wurden von  Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesfrauenministerin Lisa Paus anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen präsentiert:

  • 140 Frauen und Mädchen werden in Deutschland täglich Opfer einer Sexualstraftat.
  • Alle drei Minuten erlebt eine Frau oder ein Mädchen Gewalt im eigenen Zuhause – und das sind nur die polizeilich erfassten Fälle.
  • Fast jeden Tag in Deutschland gibt es einen Femizid.
  • Im Jahr 2023 wurden 938 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten oder vollendeten Femiziden, 360 davon verloren ihr Leben.

 

Dieses Problem macht vor keiner Grenze halt. Es betrifft nicht nur Deutschland oder andere europäische Länder. Auch hier in der Schweiz wird alle zwei Wochen eine Frau von einem nahestehenden Mann getötet, und jede Woche überlebt eine einen solchen Versuch. Die Dunkelziffer der Fälle, die nicht gemeldet werden, ist vermutlich erschreckend hoch. Frauenhäuser sind deshalb unverzichtbare Schutzräume – sie retten Leben.

Eine Geschichte, die viel zu viele teilen

Diese Zahlen zeigen das Ausmaß eines gesellschaftlichen Problems, über das viele lieber schweigen – vermeintlich betrifft es immer nur „die anderen“. Doch die Wahrheit ist: Viele Betroffene schweigen aus Scham, obwohl sie nicht Täter, sondern Opfer sind. Ich gehöre zu der Dunkelziffer. Zu den drei von vier Kindern, die in ihrem Zuhause Gewalt miterlebt haben. In meinem Fall war es die Gewalt meines Vaters gegen meine Mutter – und auch gegen mich. Wenn Elternbeziehungen von Gewalt geprägt sind, übernehmen Kinder oft Rollen, die ihnen nicht zustehen. Ich wurde zur „Mutter meiner Mutter“ und fühlte mich verantwortlich, sie zu schützen, Gewalt zu verhindern oder das Unvermeidbare abzumildern. Dieses Umfeld prägt – es macht resilient, aber hinterlässt auch Narben. Später, in meiner ersten Beziehung, fand ich mich wieder in einem Muster, welches ich selber eigentlich nie erleben wollte. Mein Ex-Typ (ein wirklicher Freund tut sowas nicht) zeigte ähnliche Verhaltensweisen wie mein Vater. „Wie konnte mir das nur passieren?“ war mein erster Gedanke. Ich, die so laut gegen die Gewalt war, die meine Mutter ertragen musste. Aber wenn man eine traumatische Kindheit hatte, in der einem ungesunde Beziehungsmuster vorgelebt wurden und auch noch die Bindung zu der primären Bezugsperson gestört war, ist man als Erwachsener sehr anfällig dafür, alles wieder zu durchleben. Doch ich wollte nicht dasselbe Schicksal teilen und suchte Hilfe. Meine Mutter konnte nicht helfen – sie fiel zurück in alte Rollen. Aber ich fand Unterstützung: in einem Frauenhaus. Dort erhielt ich nicht nur Schutz, sondern auch die Möglichkeit, mein Leben neu zu ordnen und wieder Kontrolle zu übernehmen. Dafür bin ich bis heute dankbar.

Schweiz und Deutschland: Herausforderungen und Sicherheitsprobleme von Frauenhäusern

Frauenhäuser spielen eine entscheidende Rolle im Schutz und in der Unterstützung von Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind. In der Schweiz und Deutschland bieten diese Einrichtungen nicht nur Schutzräume, sondern auch umfangreiche Unterstützung in verschiedenen Lebensbereichen. Sie leisten psychologische Betreuung, um Traumata zu verarbeiten, bieten rechtliche Beratung, um Wege aus der Gewaltspirale zu finden, und unterstützen bei der Wohnungssuche und beruflichen Neuorientierung, damit betroffene Frauen langfristig ein selbstbestimmtes Leben führen können. Auf Grundlage der Frauenhausbewohner*innen-Statistik von FHK (2023) ist davon auszugehen, dass in deutschen Frauenhäusern jährlich mindestens 14.000 Frauen mit 16.000 Kindern Schutz finden. In den 23 Häusern in der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein fanden 2023 2427 Frauen und Kinder Schutz und Unterkunft. Trotz ihrer lebenswichtigen Bedeutung stehen Frauenhäuser vor zahlreichen Herausforderungen – darunter finanzielle Engpässe, gesellschaftliche Stigmatisierung und gravierende Sicherheitsprobleme

Sicherheitsprobleme in Frauenhäusern

Ein zentrales Problem, das sowohl die Schweiz als auch Deutschland betrifft, ist die Sicherheit in Frauenhäusern. Täter versuchen immer wieder, den Aufenthaltsort ihrer Opfer zu ermitteln, was sowohl das Personal als auch die betroffenen Frauen gefährdet. Folgende Aspekte sind besonders kritisch:

  • Digitale Überwachung und Tracking
    Durch moderne Technologien, wie GPS-Tracking von Smartphones oder versteckte Spionagesoftware, gelingt es Tätern immer wieder, den Standort der Frauen zu ermitteln.
  • Physische Angriffe auf Einrichtungen
    Es gibt immer wieder Berichte über gewaltsame Übergriffe auf Frauenhäuser, bei denen Täter versuchen, gewaltsam Zugang zu den Einrichtungen zu erzwingen.
  • Personalmangel und Stress
    Die Sicherheitslage wird durch den Personalmangel in vielen Frauenhäusern verschärft. Unterbesetzte Teams können nicht immer gewährleisten, dass Sicherheitsvorschriften lückenlos eingehalten werden.
  • Anonyme Adressen und ihre Grenzen
    Viele Frauenhäuser arbeiten mit anonymen Adressen, um ihre Bewohnerinnen zu schützen. Dennoch sind diese oft nicht vollkommen sicher, da die Anonymität durch undichte Stellen, wie unzureichend geschulte Partnerorganisationen oder Behörden, gefährdet werden kann.

Möglicher Lösungsansatz: Technologische Aufrüstung

Viele Frauenhäuser setzen bereits auf Videoüberwachung, um ihre Bewohnerinnen besser zu schützen. Doch ein permanentes Monitoring durch menschliches Personal, das Kamerabilder rund um die Uhr überwacht, ist oft finanziell und personell nicht umsetzbar. Bewohnerinnen von Frauenhäusern haben zudem oft traumatische Erfahrungen gemacht und sind besonders sensibel gegenüber Maßnahmen, die wie Kontrolle oder ständige Beobachtung wirken könnten. Hier kommt KI-basierte Videoüberwachung ins Spiel, die Sicherheit auf völlig neue Weise definiert. KI-basierte Technologien bieten eine datenschutzfreundliche und diskrete Lösung, indem sie nicht permanent beobachtet werden müssen. Diese Systeme agieren wie intelligente Sensoren: Sie analysieren ihre Umgebung in Echtzeit und greifen erst dann ein, wenn eine potenzielle Bedrohung erkannt wird. Im Gegensatz zu herkömmlicher Videoüberwachung, die ein menschliches Team erfordert, das ständig Kamerabilder überwacht, arbeiten diese Systeme vollautomatisch. Nur bei einem Alarm erhalten autorisierte Sicherheitsteams oder das Personal Zugriff auf die relevanten Bilder, um die Situation zu überprüfen und gezielt zu reagieren.

  • Erst wenn die KI eine Bedrohung erkennt (z. B. durch Waffen, Aggressionen und Gewalt oder auch Einbruchsversuche), wird ein Alarm an das Personal des Frauenhauses oder an ein 24/7-Sicherheitsteam ausgelöst.
  • In diesem Moment wird der Zugriff auf die Live-Bilder für das geschulte Personal freigeschaltet, um die Situation zu überprüfen.
  • Handelt es sich tatsächlich um eine Bedrohung, kann unmittelbar die Polizei verständigt werden – ähnlich wie bei einem stillen Alarm in Banken.

 

Dieses Vorgehen sorgt für Sicherheit, ohne die Privatsphäre der Bewohnerinnen zu verletzen oder das Gefühl von Kontrolle auszulösen.

Cloud- und Edge-basierte Lösungen im Abonnement mit 24/7-Sicherheitsleitstand: Sicherheit für alle zugänglich machen

Moderne Sicherheitstechnologien bieten innovative Schutzmechanismen, die nicht nur effektiv, sondern auch flexibler und erschwinglicher geworden sind. Bisher waren fortschrittliche Überwachungssysteme mit Funktionen wie Gewalt-, Aggressions- und Waffenerkennung oft sehr teuer und für Einrichtungen wie Frauenhäuser finanziell kaum umsetzbar. Die hohen Anschaffungskosten für Hardware, Lizenzen und die laufenden Ausgaben für Personal, das diese Systeme betreuen, waren für viele Frauenhäuser schlicht nicht realisierbar.
Dank Cloud- und Edge-basierter Abonnementmodelle mit einem 24/7-Sicherheitsleitstand ändern sich diese Rahmenbedingungen. Diese Lösungen machen modernste Technologien auch für Frauenhäuser zugänglich und bieten gleichzeitig ein hohes Maß an Flexibilität.

  • Kosteneffizienz: Statt hoher einmaliger Anschaffungskosten ermöglichen Abonnementmodelle den Zugang zu modernster Technologie gegen eine planbare monatliche Gebühr.
  • Skalierbarkeit: Systeme können bei Bedarf erweitert oder angepasst werden, beispielsweise wenn neue Räumlichkeiten hinzukommen oder zusätzliche Sicherheitsanforderungen auftreten.
  • Einfache Integration: Cloud- und Edge-Technologien lassen sich ohne großen Aufwand installieren, wodurch die Einstiegshürde für Frauenhäuser gesenkt wird.
  • Professionelle Unterstützung: Der 24/7-Sicherheitsleitstand bietet rund um die Uhr Zugang zu geschultem Personal, das Bedrohungssituationen in Echtzeit bewertet und schnell entsprechende Maßnahmen einleitet – von der Benachrichtigung der Polizei bis zur Unterstützung vor Ort.

 

Diese modernen, flexiblen und erschwinglichen Sicherheitslösungen ermöglichen es Frauenhäusern, ihren Schutzstandard erheblich zu erhöhen, ohne ihr Budget zu überlasten. Sie schaffen so eine realistische Möglichkeit, selbst begrenzte Ressourcen optimal einzusetzen und Bewohnerinnen effektiv zu schützen.

Fazit

Diese Zahlen und Geschichten zeigen, wie groß der Handlungsbedarf ist – aber auch, wie viel durch gezielte Maßnahmen erreicht werden kann. Es ist an der Zeit, für Frauen einzustehen und ihre Sicherheit aktiv zu stärken. Für mich ist dieses Thema zutiefst persönlich. Als jemand, der selbst häusliche Gewalt erlebt hat, weiß ich, wie lähmend die Angst und wie groß die Hürden sein können, Hilfe zu suchen. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn die eigene Sicherheit plötzlich von anderen abhängig ist, und wie schwer es ist, den Mut zu fassen, wieder Kontrolle über das eigene Leben zu übernehmen. Frauenhäuser und andere Hilfsangebote sind Lebensretter. Doch sie allein reichen nicht. Wir alle tragen Verantwortung: als Gesellschaft, als politische Gemeinschaft, als Einzelpersonen – und auch als Wirtschaft. Unternehmen und technologische Anbieter können und sollten dazu beitragen, erschwingliche und effektive Sicherheitskonzepte zu entwickeln, damit auch betroffene Institutionen, welche finanziell am Limit arbeiten, sich Sicherheit leisten können.
Jeder Mensch verdient Schutz, Respekt und die Möglichkeit, ein selbstbestimmtes Leben zu führen – frei von Gewalt und Angst. Es liegt an uns allen, gemeinsam dafür einzustehen und den Betroffenen nicht nur eine helfende Hand, sondern auch sichere Perspektiven zu bieten.

Für ein selbstbestimmtes Leben: My Body, My Choice. – Und das hat niemand anzutasten – weder physisch noch psychisch.

Picture of Anne-Katrin Michelmann

Anne-Katrin Michelmann

Datum: 26.11.2024